Baugenehmigung: Wer im Glashaus sitzt…
Wer selbst die Abstandsflächenvorschriften bei der eigenen Immobilie nicht eingehalten hat, kann sich bei der Klage gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung nicht auf einen Verstoß gegen die einzuhaltenden Abstände von dessen Seite berufen.
Hierauf wies das Verwaltungsgericht Minden in einem Verfahren hin, in welchem sich eine Grundstückseigentümerin gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung für einen Anbau wandte. Auf den baurechtlichen Nachbarschutz abstellend, bemängelte sie die Unterschreitung einzuhaltender Grenzabstände. Dabei übersah sie jedoch, dass ihr eigenes Objekt diese Abstände noch deutlicher unterschritt.
Dementsprechend führte das Gericht aus, dass ein nachbarliches Abwehrrecht ausgeschlossen ist, wenn dem beschwerdeführenden Nachbarn selbst ein vergleichbarer Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften zu Lasten des beklagten Nachbarn zu machen ist. Denn bei einem solchen fast spiegelbildlichen Verstoß verbietet das allgemeine Rechtsverständnis ein Abstellen auf nachbarschützende Vorschriften. Denn der nachbarliche Abwehranspruch ergibt sich nicht nur aus der Einhaltung gesetzlicher Normen, sondern erst aus einer Störung des nachbarlichen Gleichgewichtes.
Verwaltungsgericht Minden, Urteil VG MI 9 L 465 12 vom 31.07.2012
Normen: § 34 I S.1 BauGB