31.03.2014
Zugang einer Kündigungserklärung bei Übergabe an Ehegatten außerhalb der Wohnung
Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wirksam zugegangen ist, wenn das Kündigungsschreiben an den Ehegatten des Arbeitnehmers außerhalb der Wohnung übergeben wird.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 03.02.2003 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Nach einem Konflikt verließ die Klägerin am 31.01.2008 ihren Arbeitsplatz. Mit einem Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 29.02.2008. Das Kündigungsschreiben ließ sie durch einen Boten dem Ehemann der Klägerin überbringen, dem das Schreiben am Nachmittag des 31.01.2008 an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt übergeben wurde. Der Ehemann der Klägerin ließ das Schreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und reichte es erst am 01.02.2008 an die Klägerin weiter.
Mit ihrer Klage wollte die Klägerin festgestellt wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit dem 29.02.2008, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende mit dem 31.03.2008 beendet worden ist. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wird als Willenserklärung unter Abwesenden nach § 130 Abs. 1 BGB erst wirksam, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen ist. Der Kündigende trägt das Risiko der Übermittlung und des Zugangs der Kündigungserklärung. Diese ist erst dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Wird das Kündigungsschreiben einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, ist diese nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen. Dies ist in der Regel bei Ehegatten der Fall. Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers geht dem Arbeitnehmer allerdings nicht bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist.
Nach Auffassung des BAG ist das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB nach Ablauf der Kündigungsfrist von einem Monat zum 29.02.2008 beendet worden, da das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 31.01.2008 der Klägerin noch am selben Tag zugegangen ist. Nach der Verkehrsanschauung wäre der Ehemann der Klägerin bei der Übergabe des Kündigungsschreibens am Nachmittag des 31.01.2008 Empfangsbote. Dem stehe nicht entgegen, dass das Schreiben dem Ehemann der Klägerin an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt und damit außerhalb der Wohnung übergeben würde. Entscheidend sei, dass unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31.01.2008 zu rechnen wäre.
BAG-Urteil vom 09.06.2011, Az.: 6 AZR 687/09