31.03.2014

Versagung der Zurückstellung der Strafvollstreckung

Auf Antrag der Antragstellerin hob der Senat die Bescheide der Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft (Ablehnung der Zurückstellung der Strafvollstreckung) auf und wies die Staatsanwaltschaft zur Neubescheidung an.

Sind die Voraussetzungen des § 35 BtMG erfüllt, so ist der Vollstreckungsbehörde hinsichtlich der Rechtsfolge ein - allerdings erheblich eingeschränktes - Ermessen eröffnet; sie „kann" die Strafvollstreckung zurückstellen. Orientieren muss sich die Ermessensausübung am alleinigen Zweck der Regelung des § 35 BtMG, drogenabhängige Straftäter aus dem Bereich kleiner und mittlerer Kriminalität im Interesse ihrer Rehabilitation zu einer notwendigen therapeutischen Behandlung zu motivieren. In diesem Zusammenhang unterliegt auch die Auswahl der Therapieform und der Therapieeinrichtung der Entscheidung der Vollstreckungsbehörde. Der Verurteilte kann insoweit nur Vorschläge machen. Bei dieser Auswahl muss die Vollstreckungsbehörde unter anderem die Persönlichkeit und die Drogenkarriere des Verurteilten (Dauer und Art der Abhängigkeit, Therapien, Rückfälle, Vorstrafen etc.) berücksichtigen und danach erwägen, ob die vom Verurteilten vorgeschlagene Therapieeinrichtung als geeignet erscheint, der Drogenabhängigkeit wirksam zu begegnen. Bei ihrer Entscheidung hat die Vollstreckungsbehörde allerdings auch der Offenheit des § 35 BtMG für unterschiedliche Therapiekonzepte Rechnung zu tragen, die daraus resultiert, dass sich bislang keine allseits anerkannten Standards der Behandlung von Drogensüchtigen durchsetzen konnten.

In dem vorliegenden Fall ist die Vollstreckungsbehörde ihrer Pflicht zu einer vollständigen Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Geeignetheit der von der Antragstellerin aufgesuchten Therapieeinrichtung nicht ausreichend nachgekommen. Will die Vollstreckungsbehörde eine begonnene und bereits vorangeschrittene stationäre Drogentherapie durch die Versagung der Zurückstellung allein wegen der Ungeeignetheit der vom Verurteilten gewählten Therapieeinrichtung abbrechen, muss sie ihre Entscheidung auf gewichtige Gründe stützen, die die sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Therapiefehlschlags belegen.

Dass eine Therapieeinrichtung nicht staatlich anerkannt ist und auch keine Kostenzusage verlangt, sind lediglich formale Kriterien von geringerem Belang. So hat sich die Vollstreckungsbehörde auf Anfrage nach dem Therapiekonzept der Einrichtung und nach dem konkreten Therapieverlauf über die Frage der Eignung der Einrichtung kundig zu machen.

Die Erwägung der Vollstreckungsbehörde, dass die Antragstellerin unter den Bedingungen einer professionell betreuten Therapie nach kurzer Zeit gescheitert sei und dass deshalb der Versuch einer Selbsthilfeeinrichtung keinen Erfolg verspreche, ist hierbei unzureichend.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 21.03.2011 - 2 Vas 3/11 (StraFo 5/2011, S. 196 f. )