12.03.2014
Nach Verkehrsunfall sind auch bei fiktiver Schadensabrechnung Stundensätze einer markengebundenen Werkstatt heranzuziehen
Der Geschädigte eines Kfz-Unfalls kann auch im Falle der fiktiven Schadensabrechnung (Abrechnung auf Gutachtenbasis) grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, wie sie von einem eingeschalteten Sachverständigen als Wert auf dem regionalen Markt ermittelt wurden.
Dies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20.10.2009 zum Aktenzeichen VI ZR 53/09 und bestätigte insoweit seine bisherige Rechtsprechung aus dem „Porsche-Urteil“.
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt machte der Geschädigte gegen die Versicherung des Unfallverursachers Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Kraftfahrzeug des Klägers, ein 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von 190.000 km beschädigt. Der Eigentümer des VW Golf beharrte hierbei darauf, dass ihm die fiktiven Reparaturkosten einer VW-Fachwerkstatt erstattet werden (90,00 €/h). Der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers erstattete jedoch lediglich die Kosten einer freien Fachwerkstatt (70,00 €/h).
Der Geschädigte machte insoweit die entstandene Differenz gerichtlich geltend.
Der Bundesgerichtshof führte im vorliegenden Fall aus, wolle der Schädiger dem Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei einer ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen, so müsse er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom gleichen Qualitätsstandard sei, wie in einer markengebundenen Fachwerkstatt.
Aber auch an einem solchen Fall könne es nach dem Bundesgerichtshof für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf diese Reparaturmöglichkeit verweisen zu lassen, insbesondere bei der Beschädigung eines neuen oder neuwertigen (bis zu 3 Jahre alten) Kraftfahrzeuges. Bei der Beschädigung derartiger Kraftfahrzeuge müsse sich der Geschädigte grundsätzlich nicht auf alternative Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, da ihm insoweit bei einer möglichen späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten oder eventuell gewährter Herstellergarantien Nachteile entstehen könnten.
Aber auch bei der Beschädigung von älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf alternative, nicht markengebundene Werkstätten verweisen zu lassen, dies insbesondere dann, wenn er konkret darlege, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt habe warten und reparieren lassen.
Hinweis:
Auch im Falle einer scheinbar eindeutigen Unfallsituation sollten Sie sich als Geschädigter, zur Wahrung Ihrer Interessen, grundsätzlich der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedienen. Die hierfür entstehenden Kosten sind grundsätzlich vom Unfallverursachenden bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu tragen.